So lernte ich loszulassen

Ich schloss die Tür und schaute auf die Kisten und das Chaos in meiner neuen Wohnung. Das wärs gewesen. Das war der Schlusspunkt unter einer fast vierjährigen Such- und Findungsphase. Tschüss altes und hallo neues Leben.

Vor dieser Phase hatte ich eine gute Karriere, eine riesige Wohnung in Zürich, eine 8-jährige Beziehung. Nach dieser Phase habe ich eine eigene Firma, bin Single, lebe Minimalismus und digitales Nomadentum mit Kleinstwohnung als Basis in Zürich.

Dazwischen lag ein langer Weg des Loslassens. Wenn du mehr über meine Beweggründe für diesen Schnitt lesen möchtest, dann kannst du dies hier tun.

Im folgenden Artikel liest du, wie ich lernte, loszulassen.



Das habe ich losgelassen


Vorstellungen von mir und wie ich sein müsste

Ich sah mich immer nur als Arbeitnehmerin. Unternehmertum war mir fremd und daher nichts für Leute wie mich. „Man“ ist angestellt, hat im allerbesten Fall einen Führungsjob, bringt gute Leistung, ist loyal und träumt bitte nicht zu hoch. Und die inneren Antreiber der Transaktionsanalyse waren sozusagen mein 2. Vorname. 


Innere Antreiber (siehe Bild) - Ich wünsche dir, dass du keinen davon kennst. Aber wie so viele von uns hast du vielleicht auch perfektionistische Züge oder meinst, immer leisten zu müssen oder stark zu sein. Oder du fragst dich oft, was denken die anderen, wenn ich …….kennst du? Willkommen im Klub.

Loslassen durfte ich auch die Vorstellung, wie ich als Frau zu sein habe: nett, freundlich, angepasst und trotzdem unabhängig und selbstbestimmt.

Wie die meisten Frauen meiner Generation war ich mit einer Mutter aufgewachsen, die in der herkömmlichen Rolle als Mutter und Hausfrau für uns da war (aus tiefstem Herzen, danke!) und mich gleichzeitig dazu anhielt, selbständig und unabhängig meinen Weg zu verfolgen. Meine Generation ist diese Bruchgeneration, die das eine erlebte und das andere eingebläut kriegte. 

Ich hatte eine diffuse Vorstellung davon, wie ich sein müsste, aber keine Idee, was und wer ich wirklich aus meinem Inneren heraus sein wollte. Als ich das dann endlich wusste, galt es, all diese alten Bilder und Vorstellungen, wie ich sein sollte, loszulassen. Und ich kann dir versichern, daran arbeite ich heute noch. 

Bilder: In meinem alten Leben - in Transformation - heute

Material

Das ist in einem Satz gesagt. Circa 80% meines ehemaligen Besitzes habe ich losgelassen: mein Sofa, das ich abgöttisch liebte, weil es wie eine riesige Umarmung war, mein Kleiderständer, der eine alte Theatergarderobe und einfach nur wunderschön war, die Cheminéekonsole, die ich jeweils an Weihnachten kitschig dekorierte, das Küchenbuffet aus den 50-ern, das mir ein Gefühl von Heimat gab, Bücher, Kleider, Küchenutensilien, you name it. Jetzt war es doch mehr als ein Satz. 

Ängste, Sorgen, Zweifel 

Katastrophen-Mindfucks, Schwarzsehen & Negativismus, Orientierungslosigkeit, zugeschnürte Kehle, flauer Magen, verkrampfte Schultern, schlaflose Nächte, nervöse Tage, das Gefühl, total im Nebel zu stehen. 

All diese Gefühle, die mich so lange begleiteten und dadurch tief in mein gesamtes Körpersystem eingebrannt waren, drohten, meine Weiterentwicklung zu verhindern und mich zu sabotieren.

Da Weiterentwicklung mein grösster Wert im Leben ist, musste ich auf Teufel komm raus und koste es, was es wolle, einen Weg finden, damit mich Ängste und Zweifel nicht mehr lähmen und mich zurückhalten. Ich lernte, diese Gefühle loszulassen, respektive zu transformieren und für mich zu nutzen.

So habe ich gelernt loszulassen

Die richtige Herangehensweise 

Unser Körpersystem schaltet auf Panikmodus, wenn wir zu schnell und zu viel aufs Mal verändern wollen. Im Panikmodus übernimmt das autonome Nervensystem in unserem Körper die Kontrolle und wir flüchten, greifen an oder erstarren / stellen uns tot.

Dieser Mechanismus hat zum Zweck, dass wir möglichst schnell in sichere Bahnen zurückgehen und damit unser Überleben sichern. Leider kann dieses System schlecht unterscheiden, was eine wirkliche Bedrohung für Leib und Seele ist oder was nur ein Hirngespinst ist. Die Wirkung ist dieselbe. 

Weil ich um diesen Vorgang im Körpersystem weiss, fokussiere ich jeweils nicht auf die gesamte, anstehende Veränderung sondern auf den nächsten Schritt. Diesen kann ich meist benennen, überblicken und anpacken. Dies gibt meinem Körpersystem Sicherheit und es schaltet nicht in den Panikmodus. In der Konsequenz bleibe ich handlungsfähig und kann Schritt für Schritt loslassen und weitergehen.

In der Umsetzung sah das dann so aus, dass ich z.B. einen Teil meiner Möbel bei einer Freundin liess. Dann übernahmen meine Eltern mein Sofa, dann gab ich das Bett weg. Nicht alles aufs Mal, sondern schön Stück für Stück. So war das verdaubar.

Oder ich arbeitete an meinen Glaubenssätzen zu Arbeit und die Stellung der Frau in der Arbeitswelt. Ich räumte mit nicht dienlichen Vorstellungen auf, was ehrliche Arbeit für mich wirklich bedeutet. Ich stellte all diese unbewussten Annahmen, die ich in mir hatte, auf den Prüfstand. Diejenigen, die mir gefielen, die habe ich behalten, die anderen habe ich Schritt für Schritt losgelassen. 

Ist der Prozess für mich abgschlossen? Nein, mittlerweilen weiss ich, dass hinter jeder abgeschältem Schicht eine neue zum Vorschein kommt, die ich anschauen und für mich überprüfen darf.

Dies ist ein lebenslanger Prozess und seit ich dies akzeptiert habe, geht lustigerweise Loslassen viel einfacher. Die richtige Herangehensweise ist für mich: Schritt für Schritt.

Die richtigen Frage

Als meine ehemalige Arbeitskollegin den Coworking Space Wunderraum in Pfäffikon SZ gründete, fragte ich sie, ob sie keine Angst hätte, damit zu scheitern. Sie gab mir eine Antwort, die zu einer der wichtigsten in meinem Leben werden würde.

Sie sagte: „Selbst wenn alles den Bach runter geht, sind meine Werte und das, was mir wirklich wichtig ist im Leben immer noch da“. Das war für mich ein absoluter Turning Point. Ab sofort begann ich mich bei jeder Entscheidung zu fragen:

  • Was ist mir wirklich wichtig?

  • Was sind meine Werte?

  • Was will ich wirklich in diesem Leben?

Von da an wurde es sehr einfach, loszulassen, weil ich die Antworten zu jeder dieser Fragen kannte. 

Zum Beispiel bei Material: Ich liebte mein Sofa, aber ich merkte, dass ich nicht den eigentlichen Gegenstand liebte, sondern das Gefühl dahinter. Mein Sofa gab mir das Gefühl der Geborgenheit. Also war Geborgenheit das wirklich wichtige für mich. Das Sofa erfüllte diesen Zweck, aber es gibt auch andere Möglichkeiten, mir Geborgenheit zu verschaffen. Na gut, ich hätte das Sofa einfach behalten können, aber es passte nicht mehr zu meiner Idee, wie mein neues Leben (minimalistisch und örtlich unabhängig) aussehen sollte.

Durch die richtigen Fragen loszulassen bedingt, dass ich weiss, was ich will. Dadurch ist mein Leben einfacher geworden und ich fühle mich leichter und gelassener.

Die richtige Begleitung

Inspirierende Menschen

„Wer loslässt hat die Hände frei,“ sagt ein Sprichwort. Stimmt, sage ich, aber wenn man keine Ahnung hat, wohin mit den Händen nachdem man losgelassen hat, dann ist loslassen echt schwierig. Um loslassen zu können, brauchen die meisten Menschen ein minimales Gefühl von Sicherheit. Für mich bestand diese Sicherheit darin, dass ich mir Leute suchte, die meinen Weg schon gegangen waren. Dadurch, dass ich Einblick in ihr Leben hatte und sah, wie sie selbst losgelassen und wieder neu angefangen hatten, gab mir das Gefühl, dass ich das auch könnte. 

Bewusst umgab ich mich mit Leuten, die inspirierend und ermutigend waren und reduzierte den Einfluss derjenigen, die eher eine andere Haltung vertraten. Weil ich bei den motivierenden Leuten sah, was alles möglich ist, war es einfacher, Dinge, Personen oder Überzeugungen loszulassen, die nicht mehr zu mir und meinem gewünschten Leben passten. 

Professioneller Support

Ich habe mir immer Hilfe und Unterstützung für meinen Weg geholt. Da ist zum einen meine Coachfrau Carla Bernegger von Cedo Beratung, die mich jahrelang begleitet und mir immens geholfen hat, all das loszulassen, was mir nicht mehr diente. Ohne sie stünde ich nicht an diesem Punkt in meinem Leben. Tiefster Dank!

Und da jede Erfahrung ja auch im Körper und Unterbewusstsein verankert ist und von dort aus unser Verhalten und Empfinden beeinflusst, muss für mich das Loslassen unbedingt auch auf körperlicher Ebene passieren. Dafür habe ich mit den verschiedensten Expert*innen und Methoden gearbeitet: Cranio Sacral, Somatic Experience, Feldenkreis, Osteopathie, Tanzen und schlussendlich auch meine eigenen Yogapraxis. 

Die richtige Begleitung ist für mich unabdingbar im Loslass Prozess. Dafür war mir weder Zeit noch Geld je zu schade. 

Die richtige Musik

„I want to break free“ von Queen wurde meine Hymne. Dazu muss ich glaub nicht viel erläutern ;-). Und schau dir das Video an, es ist zum Schreien lustig.

***

So habe ich losgelassen und lasse ich heute noch los.

Loslassen ist möglich, selbst bei Erfahrungen, von denen wir nicht denken, dass wir sie jemals loslassen können.

In diesem Sinne wünsche ich dir das richtige Lied und den Mut, Schritt für Schritt und mit den für dich passenden Leuten deinem Weg der inneren Wahrheit zu folgen und all das loszulassen, das dir auf diesem Weg nicht mehr dient. Mit Achtung, Respekt und Wertschätzung. 

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