Zwei Jahre in der Selbständigkeit - ein Rückblick

Licht und Schatten des Unternehmertums. Danke an Caroline Pajak für das Bild.

Grad zwei Anlässe schreien danach, über meine Selbständigkeit zu schreiben.

  1. Die Blogparade zu Selbständigkeit von Michaela Schächner.

  2. Genau vor zwei Jahren habe ich entschieden, mich selbständig zu machen.

    ***

Die Schlange starb vor meinem Airbnb Studio auf der offenen Rasenfläche. Eines Nachmittags lag sie da, unbeweglich. Ich machte einen grossen Bogen um sie. Am Abend ging ein heftiges Gewitter nieder und sie lag immer noch da. Tot. Ihr Sterben war der Beginn meiner Selbständigkeit. Eigentlich glaube ich nicht an einen direkten Zusammenhang, aber trotzdem…

Was ich tue

Ich begleite Menschen in Veränderungsprozessen, wie z.B. in beruflicher Veränderung oder in der neuen Führungsrolle. Schlussendlich geht es immer darum, sich selber gut zu kennen,  emotionale und mentale Stärke aufzubauen und die eigene Körperintelligenz einzusetzen. Ich arbeite immer ganzheitlich auf Geist-Körper-Seele Ebene.

In meiner Arbeit gebrauche ich häufig die Metapher einer sich häutenden Schlange. Veränderungsprozesse können schmerzhaft und zäh sein, genau so, wie wenn eine Schlange sich mühsam aus ihrer alten Haut befreit und darunter eine neue, zarte Haut erscheint. So geht es vielen Menschen in ihren Veränderungsprozessen. Das Neue ist noch verletzlich und muss ganz behutsam behandelt werden. 

Als ich für die Blogparade Einfach machen - Selbständig machen“ von Michaela Schächner meine Gedanken notierte, kam mir diese sterbende Schlange in den Sinn. Und es traf mich wie der Blitz. Denn in diesem Moment, an diesem Ort „starb“ mein altes Leben. Es war nicht nur ein Häuten, es war mehr, es war ein Sterben. Aber der Reihe nach.

Was vorher war

Ich habe vor vier Jahren mein Leben, das „man“ landläufig als erfolgreich bezeichnet hat, an den Nagel gehängt. Mehr dazu kannst du hier nachlesen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht vor, mich selbständig zu machen. Ich hatte überhaupt keinen Plan, sondern nur Tausende Fragezeichen. Fast forward…

Im April/Mai 2018 (vor genau 2 Jahren OMG) war ich in Byron Bay Australien, absolvierte den altMBA von Seth Godin und sah eine Schlange vor meiner Haustüre sterben. Und mit ihr mein altes Leben.

Denn ich kam mit der Absicht, meine eigene Firma aufzubauen, aus Australien zurück in die Schweiz. Das war doch immerhin schon mal ein Plan, respektive ein Ziel. Von Plan keine Spur, wenn ich ganz ehrlich bin. 

Was ich wusste

Da stand ich nun zurück in der Schweiz, hatte keine Ahnung, wie ich ein Business aufbauen sollte. Klar war hingegen, dass ich mit meinen Kompetenzen Menschen unterstützen will, ihrem eigenen Weg zu folgen. Ich wusste ja selbst, wie einfach es ist, dem gesellschaftlich vorgegebenen Weg nachzugehen und sich nie zu fragen, was man denn eigentlich wirklich will.

Ich wusste aber auch, wie es ist, wenn immer dieses kleine innere Unbehagen und die Frage „ist es das jetzt“ in einem pocht. Ich hatte darauf nie eine Antwort und die Vorstellung, selbständig zu sein, war für mich völlig abwegig. Das war nicht für Leute wie mich. Ein schöner Glaubenssatz 🙂. Bis ich ihn und damit mein altes Leben sterben lassen konnte.

Was ich noch wusste

Ich gestehe, ich bin ganz unbedarft auf die Reise in meine Selbständigkeit aufgebrochen, darum ist diese Liste sehr kurz:

  1. Was ich auf dieser Welt bewirken will

  2. Was meine Werte sind 

  3. Welche Kompetenzen und Erfahrungen ich vorzuweisen hatte (Yep, Veränderungen zu begleiten, in Theorie und Praxis)

  4. Dass mein Business ein Online Business sein muss. Warum, liest du hier nach. 

Was ich nicht wusste

  • Wie ich das machen sollte

  • Was ich genau anbieten würde

  • Für wen ich überhaupt etwas anbieten wollte (Menschen ist ja ein weiter Begriff)

  • Wie ich ein Business aufbauen und führen muss (Marketing, Verkauf, Finanzen etc. obwohl ich ja BWL studiert hatte. Aber das war schon eine Weile her)

  • Wie ein Online Business funktioniert

  • Wie ich mich selbst führen muss, damit ich nicht draufgehe 

  • Und die Millionen Dinge, von denen ich nicht mal wusste, dass ich sie nicht weiss. Sie zeigten und zeigen sich täglich in so vielen Details.

Du liest richtig. Ich hatte keine Strategie, keinen Business- und auch sonst keinen Plan und fuhr sozusagen auf Sicht. 

Was Geld damit zu tun hat

"Ja, und das Geld, Viola?" hör ich dich fragen. Mit dem Geld war es wie folgt:

  1. Ich konnte für meinen ehemaligen Arbeitgeber einige Stunden pro Woche arbeiten. Dafür bin ich heute noch dankbar. 

  2. Ich hatte mein ganzes Leben lang gespart. Natürlich habe ich mir auch viele Wünsche, wie die langen Reisen und meine Weiterbildungen erfüllt, aber ich hatte immer auch gespart und nicht extensiv gelebt. Also, ich hatte einen guten Batzen auf der hohen Kante.

  3. Materielle Dinge waren für mich in den letzten Jahren weniger wichtig geworden. Ich wollte nicht zurück in ein Leben, in dem ich in einer grossen Wohnung mit viel Material lebe und unzufrieden bin. Ich wollte ein Leben mit möglichst wenig Material und viel mehr Erlebnissen. „Collect Moments not Things,“ ist für mich ganz wichtig geworden. D.h. ich habe ca. 80% meines vorherigen Besitzes abgestossen und fröne dem Minimalismus. Dies gibt logischerweise eine unglaubliche Freiheit; nicht nur finanziell, sondern auch im Kopf. Mehr liest du im Interview mit dem Style Magazin. 

Was ich richtig gemacht habe

Intuition: Ich bin oft meiner Intuition gefolgt. Ich, die sich jahrelang fragte, ob sie überhaupt eine Intuition hat, habe gelernt, ganz genau auf sie zu hören. Gelingt es mir immer? Natürlich nicht, aber immer mehr.

Investition: Ich habe immer in mich und in mein Business investiert. Auch dann, wenn ich dachte, dass ich kein Geld dafür übrig habe. Folgendes hat mir auf meinem Weg geholfen:

  • Thought Leaders Business School hat mir beigebracht, wie ich mein Wissen und meine Erfahrung bündeln und in Services packen kann.

  • Heather Petherick hat mir gezeigt, dass Mindset 80% des Erfolges ist. Gleichzeitig habe ich bei ihr gelernt, wie ich ein Online Programm durchführe und wie wertebasierte Verkaufsstrategien funktionieren. 

  • Von Business Coach Sigrun lerne ich alles über Online Business. Ich kann hier gar nicht alles aufzählen, was ich alles durch Sigrun in ihrem Programm Momentum, durch ihr Team und die geniale Community gelernt habe. Es ist unbezahlbar und ich wäre nirgends ohne sie und Momentum. 

  • Judith Peters und ihre Sympatexter Akademie haben mir das Schreiben beigebracht. Nie hätte ich gedacht, dass ich Freude daran haben würde, wöchentlich einen Blogpost zu schreiben. Die Expertise von Judith ist unglaublich. Mit ihr entstand mein wunderbarer Claim (Slogan), der in drei Worten mein ganzes Business und mein ganzes Wesen umfasst (Dances with Changes). Inzwischen leite ich die virtuellen Coworkings der Akademie und lerne so noch mehr tolle Unternehmer*innen kennen. 

  • Die Coworking Spaces Birdhaus Social in Zürich und Wunderraum in Pfäffikon gaben mir einen Arbeitsplatz, eine Community und das Gefühl, irgendwo dazuzugehören. 

Vertrauen: Immer wieder mal habe ich Jobinserate angeschaut. In dem Moment, wann ich dachte, ich pack das nicht, ich kann das nicht, ich bin nicht dafür gemacht. Aber ich habe mich nie beworben, weil es sich nie richtig anfühlte. Ich vertraute dem Prozess, dass es schon gut kommt. Und es kam immer gut.

Was ich gerne gewusst hätte

  • Programmentwicklung: Gestartet bin ich mit einem Leadership Programm für Führungskräfte, die aus ihrem Team heraus befördert wurden und dadurch das Vergnügen hatten, ihre ehemaligen Kolleg*innen zu führen.

    Ich zäumte das Pferd von hinten auf und entwickelte ein wunderschönes Programm bevor ich damit auf den Markt trat. Heute würde ich es umgekehrt machen und mehr mit Prototyping arbeiten. Lektion gelernt, creating on the fly. 

  • Strukturen: Wenn ich in meinem Herzensbusiness arbeiten kann, dann bin ich immer motiviert und happy, dachte ich naiverweise. Ähm, nein. Ich lernte, dass es ein himmelweiter Unterschied zwischen Angestelltsein und Selbständigkeit gibt.

    Während mich in meinen früheren Anstellungen die örtlichen und zeitlichen Strukturen zwar einengten, gaben sie mir auch Halt und eben Struktur. Mit der Selbständigkeit musste ich lernen, wie ich  mir das selber geben kann. 

  • Wertschätzung: Am Allermeisten vermisste ich am Anfang Wertschätzung. In den ersten Monaten hatte ich kaum Kunden und war viel mit Aufbauarbeit beschäftigt. Ich wunderte mich, dass ich nicht happier, sondern zum Teil ganz schön frustriert war.

    Bis ich merkte, dass mir Wertschätzung fehlte. Niemand sagte, dass ich etwas gut gemacht hatte, niemand wartete auf meine Sachen, niemand wartete auf mich. Es war egal, ob ich morgens aufstand oder nicht. Was ich übrigens nie tat. Ich stand morgens immer auf und setzte mich an den Schreibtisch. Und ich musste echt lernen, mir selber Wertschätzung zu geben. 

  • Innere Verhinderer: Unterschätzt hatte ich auch, wie mächtig unbewusste Angst sein kann. Obwohl ganzheitliches Angstmanagement auf der Ebene von Körper, Geist und Seele eines meiner Kernthemen in Veränderungsprozessen ist, war ich doch überrascht, welche Strategien sich mein Unterbewusstsein einfallen liess, um mich am Arbeiten zu hindern. Ich entwickelte viele Instrumente, um mit der hinderlichen Angst umzugehen. Davon profitieren heute meine lieben Kund*innen.

  • Alleinsein: Ich liebte schon mein Leben lang, alleine zu sein. Viele Menschen und viele Interaktionen am Tag führten meist dazu, dass mein System überreizt war und Ruhe brauchte, was in der schnellen, hektischen Welt meines früheren Lebens zu wenig Platz hatte. Jetzt hatte ich das Gegenteil.

    Ich sass 7x24 alleine zu Hause und die Decke fiel mir auf den Kopf. Ich musste mich komplett neu organisieren und begann, in Coworking Spaces und Hotellobbies zu arbeiten. Damit öffnete sich mir eine neue Welt, da ich ja sowieso online und ortsunabhängig arbeiten wollte. Das war wunderbar. 

Wo ich heute stehe

Die letzten zwei Jahre waren die lehrreichsten meines Lebens. Als Unternehmerin aber auch als Person, die in stetiger Entwicklung und Veränderung steht. Mir ist noch klarer geworden, welchen Beitrag ich leisten will. Unsere Welt wandelt sich rasend schnell und wir sind mit Herausforderungen konfrontiert, die innovative Lösungen brauchen.

Ich möchte Menschen dazu befähigen, dass sie die Welt von morgen mitgestalten. Damit wir kreieren können, müssen wir uns selber so gut wie nie zuvor kennen. Wir müssen wissen, was uns wichtig ist, was unsere Werte sind und wie wir unserer inneren Wahrheit folgen können. Das sehe ich als meinen Auftrag.

Dadurch hat sich mein Portfolio geschärft. Ich biete aktuell folgende Coaching und Trainingsprogramme an:

  • Leadership für angehende/frischgebackene Leader*innen

  • Berufliche Neuorientierung

  • Arbeitsmanagement für fokussiertes Arbeiten

  • Umgang mit Alleinsein und seinen Folgen für Singles im Home Office während dem virusbedingten Lockdown

  • Mentale und emotionale Stärke sowie Körperintelligenz für ganzheitliche Veränderung

Seit einem halben Jahr lebe ich von meinem Unternehmen. Darauf bin ich stolz und dankbar für alle Kunden und Kundinnen, die Vertrauen in mich haben. Danke.

Wenn ich raten dürfte (ohne Schläge)

  • Umgebe dich mit „likeminded people“. Die Community von (Online) Entrepreneurs, die ich inzwischen um mich habe, ist unbezahlbar. Sie inspiriert mich, zeigt mir Wege vor, versteht mich, auch wenn ich mich selber nicht immer verstehe und kennt die täglichen, ach was zum Teil minütlichen Ups and Downs des Unternehmertums. 

  • Hole dir Hilfe und Unterstützung. Von Anbeginn an habe ich in mein Business und in mich investiert und keine Minute und keinen Franken davon bereut. 

  • Sehe die ersten Jahre als Trial and Error Phase. Mit diesem Mindset bleibt das Unterbewusstsein viel offener und blockiert weniger. Wenn dazu nötig ist, dass du noch einen anderen Job machst, damit du deine Rechnungen zahlen kannst, dann empfehle ich dir diesen Weg zu wählen.

Fazit

Seit zwei Jahren habe ich meine eigene Unternehmung. Eine Achterbahn ist ein Kinderspiel dagegen.

Bereue ich etwas? Nichts.

Würde ich es wieder tun? Darauf kannst du wetten!

Warum? Weil ich mitten im Leben stehe und die 100%-ige Verantwortung für mein Leben habe. Ich spüre die unmittelbare Auswirkung von allem, was ich mache auf der existenziellen Ebene. Und das mag ich.

Ich fühle mich stärker und mehr bei mir als je zuvor. Und dafür lohnt sich diese Reise, die mich in die tiefsten Abgründe und in die unglaublichsten Höhen katapultiert. Sie macht mich dankbar und demütig dem Leben gegenüber.

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So lernte ich loszulassen

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Single im Homeoffice: Strategien, die helfen