Wie du Bindungsangst überwinden kannst

Warum verliebe ich mich immer in diejenigen, die mich nicht wollen? Und diejenigen, die mich wollen, interessieren mich nicht?

Manch eine Kundin möchte von mir wissen, warum das so ist. In Kurz: es kann sein, dass du Bindungsangst hast.

In diesem Artikel zeige ich dir auf, wie du Bindungsangst erkennst (auch wenn du denkst, dass dich das nicht betrifft), wie sie in der Regel entstanden ist, und was du tun kannst, wenn du sie bei dir oder deinem Objekt der Begierde erkennst.

Wenn dir also Sätze wie “ich gerate immer an die Falschen” und “bin ich beziehungsunfähig?”” bekannt vorkommen, dann solltest du jetzt unbedingt weiter lesen.



Was ist Bindungsangst?

Erstmal ist es wichtig zu verstehen, was Angst grundsätzlich ist. Angst ist ein biologischer Schutzmechanismus und dient dazu, Gefahr zu erkennen und abzuwehren. Sie hat also immer etwas Positives und meint es gut mit uns. Sie schützt uns vor vermeintlich Unangenehmen, vor Schmerzen und Verletzungen. Dies zu erkennen ist wichtig, um sich nicht im Kampf gegen die Angst aufzureiben, sondern den klaren Blick zu bewahren, um herauszufinden, was wirklich hinter der Angst steckt.  

Es ist wichtig zu erkennen, dass Angst in sich immer logisch ist, auch wenn sie von Außen betrachtet keinen Sinn ergibt. Wenn wir uns zum Beispiel von Herzen eine Beziehung wünschen, aber unsere unbewusste Angst vor Bindung und Nähe und dem damit einhergehenden Autonomieverlust ein Schnippchen schlägt und uns immer zu Partnern oder Partnerinnen führt, die sich nicht binden wollen. 

Damit kommen wir zur Bindungsangst. Damit ist die Angst vor Bindung, aber auch vor dem Verlust der Bindung gemeint. Wir unterscheiden zwischen aktiver und passiver Bindungsangst. Damit du deine Bindungsangst überwinden und verstehen kannst, erkläre ich dir kurz den Unterschied der beiden Varianten.

Aktive Bindungsangst

Diese äußert sich dadurch, dass jemand aktiv aus der (sich anbahnenden) Beziehung flüchtet oder diese durch (oft unbewusstes) abwehrendes Verhalten boykottiert. 

Vielleicht kennst du diese Situation: Du lernst jemanden kennen und es scheint alles zu passen. Ihr kommt euch näher und lässt euch mehr und mehr ein. Doch je enger eure Bindung wird, desto eher zieht sich dein Date oder du selbst zurück. 

Plötzlich wird es zu eng und die bindungsängstliche Person fürchtet, dass sie sich selbst in der Beziehung verliert. Aufgrund innerer Prägungen und Glaubenssätzen wie z.B. “Ich kann nur ich selbst sein, wenn ich allein bin.” hat diese Person den Drang, Distanz herzustellen. Ausreden wie “zu viel Arbeit” oder “grundsätzlich grade viel um die Ohren” dienen als Abgrenzungsvorwand. 

Damit einhergehend fallen der bindungsängstlichen Person plötzlich Dinge auf, die sie als störend empfindet und die ihr gute Gründe liefern, sich zurückzuziehen. Ihre Anfangs intensiven Gefühle flachen ab und machen dem Zweifel Platz: “Ist das wirklich die richtige Person, passen wir wirklich zusammen?” 

Dies ist der Moment in der Anfangsphase einer Beziehung, in der sich die oder der aktiv Bindungsängstliche wieder verabschiedet. 

Sobald diese Person jedoch genügend Distanz geschaffen hat, kann es durchaus sein, dass die Gefühle wieder aufflammen und die andere Person wieder sehr attraktiv erscheint. 

Vielleicht wurdest du auch schon von einer Person nach einer Weile wieder kontaktiert, nachdem sie sich zuvor zurückgezogen oder dich gar “geghosted” hat. (Kontaktabbruch ohne vorherige Erklärung; jemand verschwindet einfach). Und vielleicht hast du dich wieder mit der Person eingelassen, nur um eine Weile später wieder verlassen zu werden. Kennst du diese On-Off-Beziehungen? Dahinter steckt meist aktive Bindungsangst. 

Bist du aktiv bindungsängstlich, dann bedeutet dies, dass du (unbewusst) befürchtest, deine Freiheit, deine Unabhängigkeit und dadurch dich selbst und deine Autonomie zu verlieren. Du hast Angst, dass du durch die Bindung “untergehst”, respektive dich selbst verlierst.

Passive Bindungsangst

Bist du eher passiv bindungsängstlich, dann kannst du dir nicht vorstellen, ohne die andere Person zu sein. Das bedeutet, dass du dich emotional abhängig fühlst, dauernd um Aufmerksamkeit und Liebe buhlst, anhänglich bist und die Tendenz hast zu klammern.  

Meistens suchst du dir Partner:innen aus, die schwierig oder nicht zu kriegen sind und um die du kämpfen musst. Ablehnung und Kränkungen nimmst du hin und verdoppelst deine Anstrengung, deinem Objekt der Begierde zu gefallen. Du denkst, dass mit genug Anstrengung die Person schon merken wird, was sie an dir hat. 

Dahinter steht oft ein mangelndes Selbstwertgefühl, das sich zum Beispiel durch folgende Glaubenssätze zeigt: “Ich bin nicht gut genug, ich habe Liebe nicht verdient, ich muss mich anstrengen, um Liebe zu erhalten”. 

Oft verspüren passiv Bindungsängstliche eine große Sehnsucht nach Nähe, Bindung und Liebe. Sie können diese aber schlussendlich nicht zulassen, weil sie gelernt haben, dass es Liebe ohne harten Kampf gar nicht gibt. 

Dies kann sich auch dahingehend zeigen, dass dich Menschen kaltlassen, die gut zu dir sind und gerne eine Beziehung mit dir hätten. Oftmals zeigt sich dies im Ausspruch: “Ich stehe auf Bad Boys/Girls und die Guten langweilen mich.” resp. “Ich gerate immer an die Falschen und bei den Guten macht es einfach nicht Klick”.

Bei passiv Bindungsängstlichen steht die Verlustangst sowie das Gefühl, dass es Liebe nur unter größter Anstrengung geben kann, im Vordergrund.

Bist du passiv bindungsängstlich, dann bedeutet dies, dass du (unbewusst) befürchtest, ohne die Beziehung und ohne diese Bindung nicht überleben zu können. Gleichzeitig kannst du dich auf eine “einfache” Beziehung nicht einlassen, weil du gelernt hast, dass du dich ganz fest anstrengen musst, um Liebe zu bekommen. 

Da du dich so sehr nach einer Beziehung sehnst, merkst du meistens nicht, dass du unter passiver Bindungsangst leidest, sondern wunderst dich, warum du dich immer in die verliebst, die dich nicht wollen. Gleichzeitig hast du für diejenigen, die an die interessiert sind nur ein müdes Lächeln übrig.

Bindungsangst überwinden: Es betrifft uns alle

Vielleicht hast du dich in beiden Bindungsängsten wiedergefunden. Dies kann gut sein und ist nicht außergewöhnlich. Je nach Partner:in tendierst du zur aktiven oder passiven Rolle und verstehst vielleicht selbst nicht, warum du plötzlich so ganz anders fühlst und handelst. 

Ich kann zu deiner Beruhigung sagen, dass dies bei den allermeisten von uns in unterschiedlicher Stärke und Ausprägung vorkommt. Die wenigsten von uns haben gelernt, eine Balance zwischen gesunder Bindungen und Autonomie herzustellen. 

Darum ist die Chance groß, dass du, wie deine Dates auch, auf die eine Art und Weise ein Thema mit Bindung hast. Willst du deine Bindungsangst überwinden, musst du sie zunächst erkennen und dir eingestehen.



Wie kannst du Bindungsangst bei dir selbst erkennen?

Indem du dich selbst reflektierst, deine Gefühle und dein Verhalten genau unter die Lupe nimmst. Damit dir das leichter fällt, teile ich zwei Geschichten von wunderbaren Kundinnen mit dir. Vielleicht erkennst du dich in der einen oder anderen wieder und kannst etwas daraus mitnehmen.

Die Geschichte von Anna & Martin: aktive Bindungsangst

Anna verliebte sich immer in Männer, die sie nicht wollten. Anfangs wusste sie das natürlich nicht, denn zu Beginn war immer alles ganz wundervoll. Diese Männer sagten die richtigen Dinge, schrieben süße Textnachrichten und waren völlig zugewandt. Meist dauerte diese Phase 2-3 Monate und Anna genoss es sehr. So passierte es auch mit Martin. Sie fühlte sich wohl, hatte gute Gespräche und tollen Sex. Sie öffnete sich immer mehr, fühlte sich angekommen und freute sich, endlich ihren Mr. Right gefunden zu haben. 

Doch dann kam der Zeitpunkt, an dem sie zu hören kriegte: “Du, ich habe im Moment total viel Arbeit und brauche ein bisschen Zeit für mich”. Natürlich verstand Anna dies jeweils und dachte sich nichts weiter dabei. 

Leider meldete sich Martin aber gar nicht mehr. Anna bekam weder eine Textnachricht, noch einen Anruf oder ein sonstiges Lebenszeichen von ihm. Er reagierte auch nicht mehr auf ihre Versuche zur Kontaktaufnahme. Martin hatte Anna ganz klassisch “geghosted”. 

Das war für Anna irritierend und sehr verletzend. Anfangs schien alles perfekt und nun kam Martin ihr vor wie ein anderer Mensch. Er bezog keine Stellung und vermied jegliche Antwort. Keine schöne Erfahrung. Martin zeigte die typischen Verhaltensweisen eines aktiv Bindungsängstlichen. Er flüchtete aus der angehenden Beziehung.

Anna erkannte, dass sie das nicht will. Sie löste sich schnell aus dieser Situation, auch wenn dies verständlicherweise schmerzhaft und enttäuschend war. Anna lernte zu sagen: “Ich will das nicht, das passt nicht zu mir. Ich gebe da nicht länger Energie hinein.” 

Anna hat in diesem Fall keine oder wenig Bindungsangst. Was hingegen nicht bedeutet, dass Anna in einem anderen Fall nicht auch Bindungsangst zeigen kann. 

Die Geschichte von Andrea & Sandra: passive Bindungsangst

Ähnliches passierte auch Andrea, die sich in Sandra verliebte. Sie planten Urlaub und eine gemeinsame Wohnung. Andrea fühlte sich pudelwohl und angekommen. Aber auch hier zog sich die Partnerin immer mehr zurück. 

Anstatt sich wie Anna zu lösen, begann Andrea zu klammern. Ständig rief sie Sandra an und wollte die Nähe wiederherstellen. Sie wollte verstehen, was genau passiert war, analysierte jedes Wort und jede Begegnung. Damit machte sie sich selbst durch ständig kreisende Gedanken und emotionaler Achterbahnfahrten verrückt. Das stieß Sandra noch mehr weg, und die Beziehung verlief im Sande.

Andrea brauchte lange, um darüber hinwegzukommen. Nach einem halben Jahr meldete sich die ehemalige Partnerin wieder, schwärmte von den schönen Zeiten und dass sie Andrea vermisse. Andrea stürzte sich Hals über Kopf wieder in die Beziehung. Leider lief es ähnlich wie beim ersten Mal. Sobald es ernster wurde, flüchtete Sandra aus der Beziehung. Wie im obigen Beispiel mit Martin zeigt Sandra Merkmale der aktiven Bindungsangst.

Aber auch Andrea hatte ein Thema mit gesunder Bindung. Denn sie klammerte und versuchte wiederholt alles, damit die Beziehung funktioniert. Während ihre ganze Energie in den Versuch mündete, Sandra an sich zu binden, verlor Andrea sich selbst aus den Augen und stellte ihr Bedürfnisse zurück. Ihre Angst ist nicht die Angst vor Bindung, sondern vor dem Verlust der Bindung resp. der Beziehung. Auch das ist eine Form der Bindungsangst. 

Was passierte bei Martin und Sandra von Andrea? Beide wollten eine Beziehung, hatten aber bewusst oder unbewusst die Befürchtung, dass sie darin ihre Unabhängigkeit verlieren würden. Sie distanzierten sich, um sicherzustellen, dass es nicht zu eng wurde und sie ungebunden blieben. Sie waren beide aktiv Bindungsängstliche.

Die Formen der Bindungsangst

Wie wir an diesen Beispielen sehen, zeigt sich Bindungsangst in verschiedensten Formen. Um deine Bindungsangst zu überwinden ist es also wichtig, dass du deine Form(en) kennst. Das Wort suggeriert, dass Bindungsangst die Angst davor sei, dass es uns in einer Bindung zu eng wird, dass wir zu viel Nähe erfahren und dass wir auch befürchten, uns selbst in der Beziehung zu verlieren. Wir befürchten also den Verlust unserer Unabhängigkeit und unsere Freiheit. 

Bindungsangst bedeutet aber auch, dass wir vorauseilende Angst haben, dass die Beziehung in die Brüche gehen respektive, dass sie erst gar nicht entstehen wird. Dass wir eben nicht die Bindung und die Nähe erhalten werden, von der wir träumen. Das heißt, wir haben bereits vor der Beziehung oder im Anfangsstadium der Beziehung Angst vor dem Verlust der Beziehung - wir haben also vorauseilende Verlustangst.

Wie entstanden die Muster der Bindungsangst?

Der Ursprung liegt einerseits in unserer Kindheit und andererseits in allen Erfahrungen, die wir in unserem Leben bezüglich Bindung und Autonomie erlebt haben. 

Als Kind und auch als Erwachsene befinden wir uns immer im Spannungsfeld von zwei Grundbedürfnissen - dem nach Bindung und dem nach Unabhängigkeit/Autonomie.

Der Wunsch nach Bindung

Willst du deine Bindungsangst überwinden, ist es wichtig, dass du ihren Ursprung verstehen lernst. Wenn wir als Kind auf die Welt kommen sind wir abhängig von der Bindung zu unseren Bezugspersonen. Wir sind darauf angewiesen, dass unsere Grundbedürfnisse gestillt werden, ansonsten können wir nicht überleben. Darum wollen wir die Zuneigung dieser Personen und tun alles dafür, um geliebt zu werden. Dadurch entwickeln wir ein Verständnis von Bindung und wie Bindung funktioniert. Dieses Verständnis aus unserer Kindheit legt den Grundstein für unsere Gefühle und Gedanken sowie unser Verhalten in all unseren Beziehungen. 

Auch wenn wir als Erwachsene nicht mehr so abhängig von Bindungen sind wie als Kind, so hat doch jede Beziehung einen Einfluss auf uns und unser Bindungsverhalten. Wurden wir zum Beispiel in einer Liebesbeziehung betrogen, so fällt es uns sehr wahrscheinlich in der nächsten weniger leicht, dem Partner oder der Partnerin zu vertrauen.

Der Wunsch nach Unabhängigkeit und Autonomie

Ebenso wie der Bindungswunsch ist auch der Wunsch nach Autonomie in uns verankert. Jedes Kind trägt den Wunsch in sich, zu lernen, auszuprobieren und sich weiterzuentwickeln. Wird es in diesem Wunsch unterstützt und gefördert, kann es ein gesundes Verhältnis zu Unabhängigkeit, zu Selbständigkeit und auch Selbstbestimmung entwickeln. 

Wird es aber in diesem Wunsch nicht adäquat unterstützt oder muss es zu früh zu viel Autonomie leben, weil zum Beispiel die Bezugspersonen nicht zur Verfügung stehen, dann kann das Kind und in der Konsequenz später die oder der Erwachsene nicht optimal mit Nähe (Bindung) und Unabhängigkeit umgehen. 

Es ist herausfordernd, die beiden Bedürfnisse nach Bindung und Autonomie in Balance zu halten, weil sie in die gegenteilige Richtung streben. Je nachdem, wie unser frühes Umfeld auf diese beiden Wünsche reagierte, lernten wir, inwiefern wir unserem Bedürfnis nach Bindung und Autonomie nachkommen können. Und zwar ohne, dass wir dafür an Liebe und Zuneigung einbüßen.

Zum Beispiel:

  • Das Kind erfährt zu wenig Bindung, weil die Bezugspersonen nicht verfügbar sind für das Kind.

  • Das Kind wird durch die Eltern überbehütet oder die Bezugspersonen klammern gar, d.h. das Kind erfährt zu viel Bindung, und fühlt sich (unbewusst) eingeengt.

  • Die Bezugspersonen kümmern sich wenig um das Kind und es ist sehr früh sich selbst überlassen und erfährt zu viel Autonomie.

  • Der Unabhängigkeitsdrang wird eingeschränkt und das Kind kann kein gesundes Maß an Autonomie und Selbstbestimmung erlernen, d.h. es erfährt zu wenig Autonomie.  

Aus all diesen Erfahrungen haben wir unsere Verhaltensstrategien entwickelt, damit wir geliebt und akzeptiert werden. Diese Strategien haben sich tief in uns eingeprägt und steuern heute noch unbewusst unsere Gefühle, unsere Gedanken und schlussendlich unser Verhalten.

Erlernte Muster erkennen um die Bindungsangst zu überwinden

Anhand bestimmter Verhaltensmuster lässt sich erkennen, was wir als Kind verinnerlicht haben. Einige Mögliche, die wir aufgrund von zu viel oder zu wenig Bindung und Autonomie erlernt haben, sind folgende:

  • Wir suchen das Weite, sobald es zu eng wird. 

  • Wir suchen das Weite, bevor es überhaupt zu eng werden kann, respektive wir sabotieren vor vorne weg eine entstehende Beziehung. 

  • Wir klammern, um die Beziehung zu sichern.

  • Wir sind sehr engagiert, um eine Beziehung überhaupt entstehen zu lassen.

  • Wir passen uns an und verlieren uns selbst in der Beziehung.

  • Wir überanalysieren die andere Person und uns selbst und versuchen die beste Strategie zu finden, damit die andere Person uns toll findet. Auch hier leben wir einen Anpassungsmechanismus.

Diese Liste ist nicht abschließend. Was im Grundsatz wichtig ist zu verstehen, dass wir alle in uns den Wunsch nach Bindung und Autonomie tragen. Je nachdem, was wir erfahren und erlebt haben, ist das eine oder das andere ausgeprägter. 

Vielleicht ist es dir beim Lesen der obigen Liste aufgefallen, dass hier unsere Überlebensinstinkte zum Zuge kommen, die im Stammhirn verankert sind: Flucht, Angriff und Erstarren. 

  • Flucht: Wir suchen das Weite

  • Angriff: Wir sind überengagiert und klammern

  • Erstarren: Wir passen uns an und versuchen, alles richtig zu machen 

Wenn du dich also das nächste Mal fragst, warum du dich so verhältst, wie du es eben tust, dann sei dir bewusst, dass deine innersten Prägungen (unbewusst) am Werk sind und dein Körper nicht auf Ratio, sondern auf Überlebensinstinkt läuft. Das heißt, dass du nicht rational handeln kannst, sondern dass dein Verhalten durch deine Emotionen, die auf deinen erlebten Erfahrungen beruhen, gesteuert wird. 

Und das sind Good News! Denn wenn du das erkennst, dann kannst du das verändern, dich von Gefühlsspiralen und Kopfkino befreien und die Person finden, die wirklich zu dir passt (statt ein Traumbild zu verfolgen, dass so nicht existiert und nicht mit dir klickt). Und die Frage “bin ich beziehungsunfähig” gehört somit der Vergangenheit an. Du kannst deine Beziehungsangst überwinden!

Bindungsangst überwinden in 5 Schritten

Hier sind 5 Schritte für dich, wenn du denkst, dass Bindung eine Herausforderung für dich ist resp. du dich fragst, ob du beziehungsunfähig bist:

  1. Kenne dich selbst. Finde heraus, was Bindung und Autonomie für dich bedeutet. Dazu ist nötig, dass du dich damit auseinandersetzt, welche Erfahrung du mit Bindung resp. Beziehung und mit Unabhängigkeit und Autonomie gemacht hast und welche Prägungen aus dieser Erfahrung in deinem Unterbewusstsein verankert sind.

    Reflektiere anhand vergangener Beziehungen, ob du eher zu aktiver oder passiver Bindungsangst tendierst. Im Wissen, dass je nach Partner:in an deiner Seite beide Verhaltensweisen möglich sind. In der einen Beziehung ist es dir vielleicht zu eng und du brichst aus, während du in der nächsten Beziehung diejenige bist, die Verlustangst hat und sich viel mehr Nähe wünscht.

    Beobachte dein Verhalten auch während du neue Leute kennenlernst und datest. Was zieht dich an, was stößt dich ab?

  2. Evaluiere, welche Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen du mit diesen Erfahrungen verbindest. Sagt eine innere Stimme bei einem vielversprechenden Date, dass es eh wieder nicht klappt, dass er oder sie dich sowieso nicht will oder du dich wieder nicht verlieben wirst?

    Nimm diese Gedanken auf allen Ebenen von Körper, Geist und Seele wahr, denn unsere Erfahrungen sind ganzheitlich in uns verankert. Für eine Veränderung ist es essenziell, dass wir all diese Ebenen erkennen.

  3. Akzeptiere, dass du so geprägt bist. Dies bedeutet nicht, dass du mit den Erfahrungen, die du gemacht hast, einverstanden sein musst, sondern nur, dass sie zu dir gehören und sie dich zur heutigen Person gemacht haben, die du bist.

    Schließe Frieden damit und kämpfe nicht dagegen an, indem du zum Beispiel denkst, du seist sowieso beziehungsunfähig. Nutze lieber die Energie, die sonst in diese unnützen Gedanken gegen dich selber fließen, für eine echte Veränderung.

  4. Heile, wenn nötig, gemachte Erfahrungen, die dich heute noch schmerzen. Wenn du dich zum Beispiel immer klein machen und dich anpassen musstest, damit du geliebt wurdest, dann kann diese Erfahrung noch heute als seelische Verletzung in dir gespeichert sein und dich bei jeder Gelegenheit triggern.

    Vielleicht ziehst du durch diese Erfahrung immer Männer oder Frauen an, bei denen du dich auch klein machen musst, damit sie dich wahrnehmen und dir die Liebe geben, die du dir wünschst. Diese Erfahrung kann dich blockieren und dir immer wieder die falschen Partner:innen bescheren.

    Dann ist es an der Zeit, die Erfahrungen zu heilen und einen geeigneten Umgang mit ihnen zu finden. Wichtig ist, dass du dies erkennst, bewusst die Verantwortung dafür übernimmst und nicht in der Opfer-Falle verharrst. Damit tust du dir und deinem Glück in der Liebe einen großen Gefallen.

  5. Im letzten Schritt kannst du gezielt neue Gedanken, neue Gefühle, Körperempfindungen und schlussendlich neue Verhaltensweisen verinnerlichen, um eine für dich stimmige Balance zwischen Unabhängigkeit und Bindung zu finden.

    Dies kann so aussehen, dass du dich offener und verletzlicher zeigst, als du es bisher getan hast. Dadurch bist du nahbarer und dies stärkt die Beziehung und Bindung, die wir zu anderen Menschen haben. Du kannst das z.B. gut mit Freund:innen üben.

    Vielleicht geht es mehr darum, dass du deine Autonomie stärkst, wenn du dazu tendierst, dich in Liebesbeziehungen anzupassen und alles für die Beziehung zu tun. Dann darfst du dich darin üben, ganz bei dir zu bleiben und klar für deine Bedürfnisse einzustehen. Auch das kannst du gut in deinem Umfeld üben.

    Hier ist es wichtig, dass du für dich stimmige Ansätze entwickelst und dir, wenn nötig, kompetente Unterstützung holst. Denn oft hilft ein Blick von außen dabei, deine unterbewussten Muster zu durchschauen und sie neu zu schreiben zu können.

Das kannst du tun, wenn du bei deine:r Partner:in Bindungsangst vermutest

  1. Bleibe bei DIR, lebe dein Leben und versuche nicht, dein Gegenüber zu analysieren. Wirf ihm/ihr nicht vor, dass er oder sie vielleicht das Verhalten eines / einer Bindungsängstlichen an den Tag legt. Es ist nicht deine Aufgabe, dein Gegenüber “zu heilen”. Sag’ ihm/ihr nicht, was er/sie tun soll.

  2. Erkenne deine eigenen Themen bezüglich Bindung und Autonomie.
    Ich beobachte bei meinen Kundinnen oft, dass sie sich sehr auf ihr Gegenüber konzentrieren. Sie beißen sich regelrecht an der anderen Person fest und wollen genau verstehen, was los ist. Dabei verlieren sie sich und ihre eigenen Bedürfnisse aus den Augen. Insbesondere, wenn alle Gedanken und Gefühle nur um das Gegenüber kreisen.

    Es ist jedoch ihre eigene Unsicherheit, die durch dieses Verhalten an die Oberfläche tritt. Sei es die Angst, dass es wieder nicht klappt und sie wieder einen Verlust erleiden oder die Angst, vereinnahmt zu werden, sich selbst und ihre Autonomie zu verlieren.

    Wenn dies der Fall ist, dann ist es an der Zeit, dass du genau reflektierst, was dein Anteil an Bindungsangst und was der Anteil der anderen Person ist.

  3. Stärke deine Balance von Bindung und Autonomie wie im obigen Abschnitt aufgeführt. Denn je mehr du in deiner Mitte bist, desto weniger wirft dich die Bindungsangst deines Gegenübers aus der Bahn. Genau das ist das Beste, was du für deine:n bindungsängstliche:n Partner:in tun kannst: selbst in deiner Stärke und Balance zu sein und dich wo nötig abzugrenzen. So kannst du optimistisch, voller Vertrauen und in der Ruhe bleiben.


Ist es überhaupt nötig, Bindungsangst zu überwinden?

Es ist mir wichtig zu erwähnen, dass du auch mit Bindungsängsten eine schöne Beziehung führen kannst. Die meisten von uns haben auf die eine oder andere Art ein wenig Bindungsangst und fürchten, entweder nicht genug Liebe und damit eben Bindung und Beziehung zu bekommen oder so vereinnahmt zu werden, dass wir uns selbst und unsere Unabhängigkeit verlieren und nicht mehr wir selbst sein können. 

Obwohl ich wenig von dem Sprichwort “Für jeden Topf gibt es den passenden Deckel” halte, ist es in diesem Fall doch bis zu einem gewissen Grad angebracht. Denn es geht nicht darum, dass du dich erst komplett ändern und alle “Altlasten” aufgeräumt und losgelassen haben musst, bis du Mr. oder Mrs. Right finden und eine schöne Beziehung auf Augenhöhe führen kannst. 

Es geht vielmehr darum, dich und deine Beziehungsthemen zu erkennen, deine Beziehungsfähigkeit liebevoll zu stärken und Klarheit zu haben, wer zu dir und zu deinen Eigenarten - und damit auch zu deinen Bindungsthemen - wirklich passt. 

Denn dies ist die Voraussetzung, um die zu dir passende Person zu finden und die Beziehung zu führen, die du dir wünschst. Und Mrs. oder Mr. Right zu finden ist keine Hexerei, wenn du verstehst, worauf du achten musst.


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